ISBN: 978-3-630-87272-8
EAN: 9783630872728
Einband: Hardcover mit Schutzumschlag
Schlagwörter Maine ; Amerikanischer Pit-Bullterrier ; Mord ; Einsiedler ; Rache ; Belletristische Darstellung
Zustand: gut bis sehr gut erhalten
?Winter in Maine: Das Buch des Jahres - ein meisterhafter Roman.?
Aus der Begründung der Jury zum Buch des Jahres 2008
Julius Winsome lebt in den Wäldern von Maine. Seine kleine Hütte
ist vollgestopft mit Büchern, die sein Vater angeschafft, gelesen und akribisch
auf Dateikarten dokumentiert hatte. Julius arbeitet im Sommer als Gartenhelfer,
im Winter sitzt er viel vor seinem Holzofen, ein Buch in der Hand, ein Glas
Wein neben sich auf dem Tisch. Einzig die beginnende Jagdsaison bringt Unruhe
in sein kleines Dasein, denn die Hobbyjäger und Sonntagsschützen schießen
auf alles, was ihnen in den Weg kommt.
So glaubt er zunächst an einen Unfall, als sein kleiner Pitbull-Terrier
Hobbes verschwindet. Winsome macht sich auf die Suche. Er bringt das schwerverletzte
Tier zum Tierarzt, doch dieser kann nichts mehr für Hobbes tun. Eine Ladung
Schrotkugeln hat sich unter das Fell des Tieres gegraben, abgegeben aus nächster
Nähe, aus wenigen Zentimeter Entfernung. „Der Schütze kannte
das Tier, vielleicht hat er ihn vorher getätschelt, damit er so dicht herankommt.“
Beinahe leicht im Erzählton schildert Autor Gerard Donovan, wie sich
Winsome aufmacht, um sich an den Sonntagsjägern zu rächen. An niemandem
bestimmten, denn Winsome hat keine Idee, wer für den Tod seines Hundes
verantwortlich sein könnte. Erst nachdem sechs Menschen gestorben sind,
merkt er, wie er langsam vom Jäger zum Gejagten wird. So schafft es Donovan
eine Spannung aufzubauen, die sich bis zum Schluss steigert, zu einem Ende,
mit dem so nicht zu rechnen war. Vielleicht gerade deswegen, weil es so überaus
stimmig ist.
In diese Geschichte hinein sind viele Rückblenden verwoben. An die Zeit
mit Claire, einer jungen Frau, die zunächst dem Charme der Einsiedelei
erlag, die es dann aber doch zurück zu einer bürgerlicheren Existenz
gezogen hatte. An die Zeit, die Julius mit seinem Vater im Wald gelebt hat,
an seine erste Begegnung mit Shakespeare und seine Versuche, das elisabethanische
Englisch zu lernen, wie man Vokabeln lernt.
In einem Bändchen mit Shakespeares Sonetten findet Winsome die Notizen,
die er sich seinerzeit gemacht hatte. Und er versucht, mit diesen elisabethanischen
Ausdrücken seine Sprache anzureichern. Ein hilfloses Bemühen, für
kaum einen verständlich als für ihn. Und vielleicht für den Leser,
der weiß, aus welchen Fragmenten Winsome seine Sätze baut. Das Unverständnis,
auf das er in seinen Satzkonstruktionen trifft, ist das gleiche, mit dem die
Leute in der Stadt auf seine Plakate reagieren, mit denen er nach Hobbes’
Mörder sucht. „Was soll’s, ist doch nur ein Hund“ kritzelt
einer daneben. Und Winsome, an dessen Schoß gekuschelt Hobbes gestorben
ist, fühlt sich noch ein wenig einsamer.
Gerard Donovan erklärt nicht, klagt nicht an. Er zeigt den einsamen Weg
eines einsamen Mannes in einer Sprache, die einfach, aber bildgewaltig ist.
Das Urteil bleibt dem Leser überlassen, und der ist verstört, dass
er diese sechs Morde so gut nachvollziehen kann. Fast nebenbei teilt er die
Abscheu des Protagonisten vor all diesen Menschen, die mit Gewehren durch die
Gegend laufen und von ihrem Recht aufs Töten Gebrauch machen. Ist das widersinnig?
Vielleicht. Aber genau dieser Widerspruch macht das Buch zu einem bewegenden
Roman, der heftige Diskussionen auslöst. Zu einem Buch, das ist in aller
Munde ist. Zu Recht.
sam